Prof. Kurt Tank, der Konstrukteur von Focke-Wulf, war stark auf die Erfahrung und das Können seiner Testpiloten angewiesen, wenn es um die Entwicklung neuer Flugzeuge ging. Diese Maschinen, die für den Fronteinsatz bestimmt waren, mussten gründlich und zuverlässig geprüft werden. Tank legte dabei nicht nur großen Wert auf fliegerisches Können, sondern auch auf die technische Ausbildung seiner Piloten. Er ging mit gutem Beispiel voran und flog viele der von ihm entwickelten Flugzeuge selbst – auch unter gefährlichen Bedingungen.
So flog er zum Beispiel am 29. Mai 1944 sowie am 14. April 1944 die Fw 190 V21 und am 13. Dezember 1944 die Ta 152 C V6 (Werknummer 110006). Bei einem Flug Ende 1944 nach Cottbus erhielt er kurz nach dem Start in Langenhagen eine Funkmeldung: „Zwei Indianer über dem Gartenzaun.“ Das bedeutete, dass zwei feindliche Jagdflugzeuge im Anflug auf den Flughafen waren. Kurz darauf wurde er tatsächlich von zwei P-51 Mustangs verfolgt. Tank hatte keine andere Wahl als Vollgas zu geben. Mit der Einspritzanlage MW 50 konnte seine Ta 152 H beschleunigen, und die Mustangs verloren schnell an Abstand.
Bemerkenswert ist, dass Kurt Tank seine Maschinen nie mit Waffen flog – ein Zeichen dafür, wie wichtig ihm seine zivile Rolle war. Trotzdem beeindruckte er die gegnerischen Piloten durch das Leistungsvermögen seiner Maschinen nachhaltig.
Ein weiterer bedeutender Testpilot von Focke-Wulf war Hans Sander, der als Chef-Ingenieur und Leiter der Abteilung „Muster-Erprobung“ eine zentrale Rolle spielte. Er erlebte die Entwicklung der Fw 190 von Anfang an mit. Am 1. Juni 1939 führte er den Erstflug mit dem neuen BMW-Sternmotor durch. Hans Sander flog nach dem Erstflug der Fw 190 V1 auch später viele weitere Prototypen, darunter die neuesten Varianten mit Reihenmotoren vom Typ Jumo 213 und DB 603. Der erste Flug mit der turboaufgeladenen Fw 190 V18, einem „Höhenjäger 2“, fand am 20. Dezember 1942 statt. Mit der Ta 152 erreichte die kolbenmotorbetriebene Jagdflugzeug-Entwicklung bei Focke-Wulf ihren Höhepunkt.
Sander war wesentlich an der Erprobung der Ta 152 beteiligt. Er flog unter anderem die ersten Serienmaschinen der Ta 152 H aus der Produktion in Cottbus, darunter:
Sander erinnerte sich: „Ich musste mit der ersten Serienmaschine in Cottbus eine Bauchlandung machen, weil im Steigflug plötzlich der Sprit ausging. Irgendwie war eine Hydraulikleitung in die Kraftstoffzufuhr eingebaut worden.“ Zur Belohnung für diesen gefährlichen Flug erhielt er eine seltene Flasche Schnaps.
Für Testpiloten war jeder Flug ein Risiko – auch für Hans Sander. Er überlebte zahlreiche gefährliche Situationen wie Bauchlandungen, Feuer im Cockpit oder extreme Vibrationen bei hohen Geschwindigkeiten. Auch nach dem Krieg blieb er der Fliegerei treu und flog bis ins hohe Alter von 72 Jahren Segelflugzeuge.
Ein weiterer Testpilot war Bernhard Märschel. Obwohl er kaum bekannt ist, flog er mehrfach die neuesten Ta 152 und Fw 190 Varianten mit DB 603- und Jumo 213-Motoren. Am 13. Dezember 1944 flog er in Adelheide die Ta 152 C V6 (Werknummer 110006) – und war damit der erste Pilot, der nach über zwei Jahren die Entwicklungsreihe fortsetzte, diesmal mit Daimler-Benz-Motoren. Kurt Tank hatte diese Entwicklung schon lange gefordert, sie war aber vom Reichsluftfahrtministerium zunächst abgelehnt worden.
Bernhard Märschel blieb auch nach dem Krieg der Fliegerei treu und flog aktiv Segelflugzeuge.
4In der Erprobungszeit der Ta 152 H erzielte Testpilot Friedrich Schnier mit der Fw 190 V29/U1 am 20. Januar 1945 eine Höhe von 13.654 Metern – die höchste, die mit einer Ta 152 erreicht wurde. Damit war bewiesen, dass sich die Ta 152 als Höhenjäger eignete.
Weitere Testpiloten von Focke-Wulf
Weitere wichtige Testpiloten
Testpilot Bernhard Märschel
Testpilot Friedrich Schnier
Flugkapitän Alfred Thomas
FF Baist
FF Kamp
und Heinrich Beauvais
Jolf Bielefeld
Letzte Einsätze und tragische Verluste
Ein weiterer bekannter Focke-Wulf-Testpilot, der ebenfalls am Erprobungsprogramm der Ta 152 beteiligt war, Flugkapitän Alfred Thomas kam am 23. August 1944 ums Leben, als seine Ta 152 H (Fw 190 V30/U1) aufgrund eines Motorbrands in großer Höhe abstürzte. Er versuchte, in Adelheide eine Notlandung durchzuführen. Zwar hätte er sich mit dem Fallschirm retten können, entschied sich aber offenbar dafür, das Flugzeug zu retten – was ihm fast gelang. Letztlich schlug die Tank aus geringer Höhe auf und Thomas überlebte den Aufprall nicht.
Weitere Testpiloten wie Rolf Mondry und Hans Kampmeier erlebten zwar die Geburtsstunde der Ta 152 mit, aber konnten ihre Entwicklung nicht mehr begleiten. Rolf Mondry verlor bei einem Tieffliegerangriff auf den Flugplatz Langenhagen seinen linken Arm. Der Ingenieur Hans Kampmeier – von Hans Sander als jemand beschrieben, der "Hans Dampf in allen Gassen" war – überlebte einen Einsatz trotz schwer beschädigter Cockpithaube und einer Notlandung in Hannover-Vahrenwald.
Anerkennung für ihren Einsatz:
Ohne die Tapferkeit und das technische Können dieser Männer wäre es – insbesondere der dringend benötigte Höhenjäger Ta 152 H – es wohl nie zu einer Serienreife gekommen.
Ihr Mut und ihre Opferbereitschaft verdienen höchste Anerkennung.